Die unsägliche Geschichte des Gebührenverzeichnisses

Schon in den ersten Wochen der Heilpraktikerausbildung trifft man auf das GebüH, spätestens bei der Eröffnung der eigenen Praxis muss man sich mit diesem auseinandersetzen. So groß die Freude über die ersten Patient:innen ist, so anstrengend und ernüchternd ist das Schreiben der Rechnungen.

Woran liegt es, dass das GebüH mehr Strafe als Segen für uns Heilpraktiker:innen ist?

Wirft man einen Blick auf die Entstehung und Geschichte, wird schnell klar warum. Erstmals erstellt wurde das erste Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker 1926 auf Eigeninitiative der Heilpraktiker:innen in Deutschland erstellt. Die Idee dahinter war eine verbesserte Transparenz von erbrachten Leistungen und der dazugehörige Abrechnung. Es folgten einige Änderungen und Anpassungen. Man könnte auch sagen die deutsche Reglungswut erhielt Einzug in unserem Beruf.

Jedenfalls führte dieses Bedürfnis, alles zu regeln, wahrscheinlich dazu, dass Anfang der 1980er Jahre sechs Verbandsfunktionäre aus verschiedenen HP-Verbänden eine Liste mit Empfehlungen raus brachten: die Gebührenordnung für HPinnen. Schließlich hatten Ärzt:innen auch so was, die GOÄ, das wollte man auch haben.

Das Bundeskartellamt kassierte die GebüH aber sofort wieder ein als unerlaubte Preisabsprache. Die Funktionäre gaben nicht auf und ließen eine Umfrage machen, was die Kollegen so abrechneten. Und gaben 1985 wieder eine Liste heraus, die sie wieder GebüH nannten, was aber jetzt Gebührenverzeichnis für HP bedeutete. Und die ist bis heute im Umlauf. Und zwar unverändert.

Damit nahm das Elend seinen Lauf

Denn: Schon damals waren die Preise nicht repräsentativ! Es kam bald nämlich heraus, dass viele befragte Kolleg:innen ihre Sätze nach unten gedrückt hatten, weil damals noch viel bar bezahlt wurde in den Heilpraxen und sie befürchteten, dass das Finanzamt ihnen auf den Pelz rückte.

Aber die Privaten Krankenversicherungen und die Beihilfe freuten sich und akzeptierten ab da nur noch die Gebühren aus der GeBüH.

Die GeBüH ist also genau das geworden, was sie nicht sein durfte: eine Preisabsprache! Allerdings nicht für die Heilpraktiker:innen, sondern für die Versicherungen und die Patienten, und zum Nachteil der Therapeut:innen.

Seit 2009 könnte alles gut sein, ist es aber nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte dann endlich 2009 fest, dass die Beihilfezahlungen nicht auf den seit April 1985 geltenden Mindestsatz der GebüH beschränkt werden dürfen. Zudem, dass die in der GebüH angegebenen Sätze seit 1985 nie erhöht wurden und somit nicht mehr angemessen sind.

Das hat sich allerdings weder bei den Privaten Krankenversicherungen, den Zusatzversicherungen, der Beihilfe - und schon gar nicht bei unseren Patienten niedergeschlagen. Und selbst bei vielen von uns nicht!

Mit Hängen und Würgen - wie Rechnung schreiben oft aussieht

Außer bei der Ziff. 2 versuchen wir nach wie vor, die Abrechnung unserer Arbeit in die GebüH zu quetschen. In der Ausbildungen vermitteln die Schulen/Verbände oft sogar, dass es sich um eine verbindliche Gebührenordnung handelt. Manchmal fällt sogar das Wort "gesetzlich", was natürlich absolut aus der Luft gegriffen ist.

Haben wir denn eine Alternative?

Aus meiner Sicht schon. Carl Classen, damals Vorstandsmitglied im VKHD, erarbeitete 2011 eine Alternative zur GebüH: das Leistungsverzeichnis klassische Homöopathie (LVKH 2011). Das LVKH wird mittlerweile von den meisten Versicherungen anerkannt. Dazu gibt es am 20.10.22 abends einen kostenfreien Workshop bei uns. Hier kannst Du Dich anmelden: kostenfreier Workshop Mindset Abrechnung für Homöopath:innen — Homöopathie Salon

Wir wirkt sich das GebüH auf unser Mindset aus?

Noch mal zurück zur GebüH, denn die beschreibt ein interessantes Phänomen, wenn wir uns das Selbstbewusstsein und Selbstverständnis vieler Kolleg:innen anschauen: Die GebüH hält uns klein.

Sie presst uns in eine Schablone, in die wir noch nie reingepasst haben. Dadurch ist sie sehr mächtig, wird von den meisten Homöopathie-Verbänden bis heute als Abrechnungsgrundlage empfohlen und teilweise sogar als "gesetzliche Regelung" verkauft.

Nur 10% aller Homöopath:innen sind hauptberuflich tätig

Der VKHD hat mal vor ein paar Jahren eine Umfrage zu den erzielten Umsätzen der Verbandsmitglieder gemacht, und ob sie noch einem anderen Job nachgehen, wieviel sie berechnen usw. Das war wirklich niederschmetternd: Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, können nur 10 % der Kolleg:innen von ihrer Arbeit leben. Der Rest ist noch anderweitig berufstätig, hat einen gut verdienenden Ehemann oder ähnliches. Wenn wir das Männer:Frauen-Verhältnis betrachten, fällt außerdem auf, dass viel mehr Männer von ihrer Arbeit als Homöopath leben können als Frauen…

Daher setz Dich mit Deinen Preisen auseinander, tausch Dich mit Kolleg:innen aus und bestimme Deinen Wert. Dabei geht es wir so oft im Leben um das gute Gefühle. Mir hat mal jemand den Tipp gegeben, dass eine gute Entscheidung einem ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Lies doch mal Deine Preisliste laut vor dem Spiegel vor und schau, was passiert.

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